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Europameister
Die Heim-EM im Tessin während der Auffahrtswoche war für mich ein voller Erfolg. In jedem Rennen unter den besten 6 und den Europameistertitel mit der Sprint-Staffel als Höhepunkt.
Sprint, Mendrisio - 5. Rang Karte / GPS / Rangliste / SRF / EOC Daily
In meiner Paradedisziplin, wo ich bisher meine einzige Einzel EM-Medaille gewonnen habe, konnte ich mich einmal mehr unter den Besten klassieren. Zwischenzeitlich hat es sogar noch besser ausgesehen. Beim 9. von 27 Posten lag ich in Führung, musste sie aber nach mehreren falschen Routenwahlentscheide wieder abgeben. Von der Medaille trennten mich schlussendlich 23 Sekunden.
Nach den überzeugenden Einzelleistungen im Sprint (Judith 2., Flo 6., Martin 5., Elena 6.) gingen wir als klare Topfavoriten an den Start. Das hat uns scheinbar beflügelt. Gleich drei Streckenbestzeiten stellten wir auf. So einfach wie es im Fernseher ausgesehen hat, war es aber nicht. Den grossen Vorsprung, welchen Judith bereits auf der ersten Strecke herauslief, wollte niemand mehr in den Sand setzen. Anders gesagt: Man kann nur noch verlieren. Diese Gedanken musste ich während dem Einlaufen ins Positive umwandeln und mich aufs Wesentliche konzentrieren. Nach zwei heiklen Posten hatte sich die Nervosität gelegt und ich konnte umstellen auf Angriff, womit ich den Vorsprung ausbauen konnte. Meine Streckenbestzeit war Teil des Teamerfolges und war für mich persönlich sehr wichtig, nachdem ich an der letztjährigen WM einen Aussetzer hatte. Wie souverän es diesmal alle vier gemeistert haben und dass wir zusammen vor Heimpublikum den Titel holen und feiern können, ist einfach grandios!
Fast traditionsgemäss startete ich im Team Schweiz 2 und auch diesmal waren wir nahe dran Schweiz 1 zum vierten Mal in Folge an der EM zu schlagen. Meine beiden Teamkollegen Jonas Egger und Fabian Hertner machten alles richtig und schickten mich zusammen mit dem Norweger Olav Lundanes auf die letzte Strecke. Spannender hätte die Ausgangslage nach zwei Strecken nicht sein können, denn auch mein Bruder Dani mit Schweiz 1 folgte nur 25 Sekunden später. Im Vorfeld ist mir der Gedanke ein paar Mal durch den Kopf, dass ich eventuell Dani im Wald antreffen könnte und wie ich dann reagieren würde...Ich lief in Folge die ersten Posten sauber an, doch der Norweger konnte sich dank der Gabelungen leicht absetzen. Kurz darauf kam es bereits zum Bruderduell um Silber. Leider musste ich ihn im Steilhang ziehen lassen und lief darauf alleine bis ins Ziel. Meine Leistung war gut genug um den 3. Rang zu halten, doch das brachte uns weder Blumen noch eine Medaille, einzig den Applaus im Zielleinlauf zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht. Ein super Resultat, aber bei der EM zählt nur das bessere Team jeder Nation und somit wurden wir aus der Rangliste gestrichen, was natürlich extrem schade ist und das Reglement zum Hinterfragen anregt...
14.9 km und 910 Höhenmeter - ein richtiger "Rüttler" für meine erste Langdistanz an internationalen Meisterschaften. Darauf konnten wir uns zwar schon lange vorbereiten, doch die Staffel am Abend zuvor machte es physisch, mental und organisatorisch anspruchsvoll. Ich konnte nicht gut schlafen und wachte um 5 Uhr morgens mit Hunger auf. Zum Glück hatte ich noch Teigwaren vom Vortag in der Tasche und begann mit dem ersten Frühstück. Danach konnte ich nochmals 1-2 Stunden schlafen, ehe ich aus dem Tiefschlaf gerissen wurde und das zweite Frühstück anstand. Bis zum Lauf versuchte ich so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen, doch am Start war ich vielleicht doch etwas zu wenig bereit. Meine Startphase war sehr verhalten, was nichts Neues bei mir ist, doch die ersten Posten waren zu einfach um sich zurückzuhalten. Nach einer Stunde Laufzeit lag ich mit einem Rückstand von 4:48 min auf Position 11. In der letzten halben Stunde konnte ich dann aufdrehen, wobei mir die Downhillpassagen entgegenkamen. Bis ins Ziel konnte ich den Rückstand auf 2:53 min reduzieren und den super 6. Rang herauslaufen. Das erdulden der eintretenden Krämpfe auf den letzten Kilometern hatte sich gelohnt. Ich bin froh habe ich einen Startplatz im Wald erhalten und bin umso glücklicher diese Chance genutzt zu haben um zu zeigen, dass ich nicht nur ein Sprinter bin!
Fazit
Nach den Selektionsläufen einen Monat vor den Europameisterschaften zeichneten sich diese Resultate noch überhaupt nicht ab. Die Form und die Feinabstimmung bei der OL-Technik stimmte noch nicht. Zweifel über meinen Formaufbau kamen auf. Haben die Folgen des Zehenbruchs doch grössere Spuren hinterlassen? Oder bin ich nicht 100% bereit, weil es "nur" Testläufe sind? Ich bin ein Wettkampftyp, wobei ich nur dann mein Optimum herausholen kann, wenn es wirklich zählt und ich topmotiviert bin. Dies zeigte sich einmal mehr bei diesen Meisterschaften. Sowohl die physische als auch die mentale Form konnte ich rechtzeitig aufbauen, wobei ich sie erst eine Woche vor der EM kommen sah.
Ich bin sehr glücklich, dass ich nach dem Zehenbruch wieder so erfolgreich zurückkehren konnte. Dafür bin ich André Leumann, der mich operiert hat, und allen anderen Therapeuten, die mich auf dem Weg zurück begleitet haben, sehr dankbar! Was die Heim-EM so speziell gemacht hat, sind die mitgereisten Fans. Schön wart ihr dabei - ihr wart der Hammer und gabt uns das Gefühl Superstars zu sein! Und danke Ticino für das perfekt organisierte OL-Fest!